Im Laufe des Lebens nehmen degenerative Veränderungen innerhalb einer Zelle vermehrt zu. Sie verursachen Fehlfunktionen von Organen und führen schließlich zum Tod. Einige Faktoren dieser biologischen Prozesse konnten in den letzten Jahren entschlüsselt werden, jedoch fehlt noch das Verständnis des gesamten Ablaufs.
Als eiserne Reserve werden die Stammzellen (Mutterzellen aller Körperzellen) bezeichnet, leider altern auch sie. Wie geschieht dieser Vorgang? Sehr viele Körperzellen teilen und erneuern sich, wodurch Gewebe und Organe erneuert werden. Diese Fähigkeit ist allerdings nicht unbegrenzt.
Bei jeder Zellteilung kann das in den Zellen enthaltene Erbgut beschädigt werden. Diese Defekte wehrt das Erbgut mit speziellen Schutzkappen (Telomere) ab. In bestimmten Zellen werden diese Schutzkappen durch das Enzym Telomerase ständig erneuert. Mit der Zeit und der Zunahme an Zellteilungen geht bei jeder Zellteilung der Körperzellen Erbinformation verloren. Sie erneuern sich nicht mehr (Seneszenz), sterben ab oder produzieren „falsche Zellen“. Die Folge ist oftmals eine Krebserkrankung.
Einige Stammzellen dienen jedoch dem Körper als genetisch eiserne Reserve. Sie bleiben solange in einer „Quieszenz“ (Schlafmodus), bis sie bei einer größeren Verletzung zur Regeneration aktiviert werden. Nachdem die Arbeit erledigt ist, beginnt erneut die Ruhephase. Durch diesen Vorgang verkürzen die Telomere nicht zu schnell.
Im Alter fallen jedoch die Stammzellen nicht mehr regelmäßig in den Schlafmodus. Dadurch ist die eiserne Reserve der Stammzellen permanent aktiviert. Nur wenn die Stammzellen in ihre Ruhepause zurückfallen, sind die Telomere vor zu schneller Verkürzung geschützt. Die Folge – falsche Zellen werden produziert und ohne die schützenden Telomere sterben die Stammzellen ab oder produzieren genetisch falsche Zellen.
Mit zunehmendem Alter ist das Gleichgewicht von Proteinaufbau und Proteinabbau gestört. Kennzeichen altersbedingter Krankheiten sind fehlgefaltete Eiweißmoleküle und die Bildung von Aggregaten. Beispielsweise sind bei bestimmten Parkinson-Formen alpha-Synuklein-Anhäufungen und bei Morbus Alzheimer Tau- und Beta-Amyloid-Ablagerungen zu finden.
Vererbbare Änderungen des Erbgutes, die keine Änderung der DNA sind, werden als Epigenetik bezeichnet – sozusagen ein Bindeglied zwischen Genen und Umwelteinflüssen. Die Epigenetik bestimmt mit, unter welchen Umständen bestimmte Gene stumm geschalten oder aktiviert werden. Fachleute reden hier von Genregulation.
Am besten lässt sich das anhand von Zwillingen erklären. Es ist die Gen-Sequenz, die den einzelnen Menschen ausmacht. Eineiige Zwillinge sehen sich äußerlich total ähnlich, dennoch sind sie nicht genetisch identisch. Jeder Zwilling hat andere Lebensgewohnheiten und kann so den epigenetischen Code verändern. Das erklärt, warum der eine Zwilling Krebs bekommt und der andere nicht. Spanische Forscher fanden heraus, dass der epigenetische Code bei jungen Zwillingen fast identisch ist, sich aber älteren Zwillingen stark unterscheidet.
Als wichtige epigenetische Werkzeuge werden die Methylgruppen angesehen. Sie können sich an die DNA anhängen und dahinterliegende Gene ausschalten. Durch Umweltfaktoren, beispielsweise die Ernährung, lässt sich ihre Verteilung beeinflussen. Wie genau die äußeren Einflüsse die Veränderung in der Genexpression bewirken, ist noch nicht klar.
An der Universität Graz, Institut für Molekulare Biowissenschaften, leitet Assoz. Univ.-Prof. Dr. Sabrina Büttner eine Forschung, die sich mit unterschiedlichen Zelltodwegen befasst. Dabei werden molekulare Mechanismen und Faktoren charakterisiert und identifiziert, die unterschiedliche Zelltodwege in der Hefe Saccharomyces cerevisiae steuern.
Ein besonderer Fokus liegt auf der Apoptose. Dieses Selbstmordprogramm der Zellen tötet geschädigte Zellen ab und schützt so beispielsweise vor einer Krebserkrankung. In den letzten Jahren fand die Forschergruppe heraus, dass das programmierte Zellsterben von der Hefe bis zum Säuger vorhanden ist.
Aus diesem Grund verwenden die Forscher Hefe, da sie als einfacher und leicht zu manipulierender Modellorganismus gilt. Dadurch war es möglich, allgemeine molekulare Mechanismen verschiedener Krankheiten sowie die Neurodegeneration besser zu verstehen. Wertvolle Informationen zur Toxizität, Funktion und Aggregation erhielten die Forscher bei der Expression verschiedener humaner, neurotoxischer Proteine in Hefe. Beispielsweise α-synuclein, welches bei Morbus Parkinson eine Rolle spielt.
Sämtliche Ergebnisse dieser Forschung bilden die Grundlage zu weiteren Studien. Sie dienen dem Ziel die biologische Alterung des Menschen zu verlangsamen und die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern.